Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden in Deutschland nicht nur durch die Rentenversicherung erbracht. Auch die Krankenkassen und die Unfallversicherungen sowie die Träger der Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und der Kriegsopferfürsorge sind – sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – für die Durchführung einer Reha zuständig.
Bei so vielen Rehabilitationsträgern stellt man sich als Laie daher schnell die Frage:
„Wer ist denn für mich eigentlich verantwortlich, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen an einer medizinischen Rehabilitation teilnehmen möchte?“
Für Erwerbstätige ist meist der Rentenversicherungsträger der richtige Ansprechpartner
Die Begrifflichkeit „Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ – im Volksmund auch Kur oder Reha genannt – lässt zunächst vermuten, dass für derartige Leistungen die Krankenversicherung zuständig ist.
Für den Großteil der Arbeitnehmer in Deutschland ist diese Annahme jedoch nicht korrekt: Denn die gesetzliche Krankenversicherung erbringt nur dann Reha-Leistungen an ihre Versicherten, wenn diese keine Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten können.
Und für die meisten Arbeitnehmer gilt: Sie erfüllen mindestens eine der Voraussetzungen, um Reha-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten.
Wer kann Reha-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten?
Um vom Rentenversicherungsträger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu erhalten, muss man sowohl an gesundheitlichen Einschränkungen leiden als auch über bestimmte Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung aufweisen.
Es gibt insgesamt vier Wege, um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Reha-Leistungen aus der Rentenversicherung zu erfüllen:
1. Wenn die Mindestversicherungszeit von 15 Jahren erfüllt ist
Sobald man über mindestens 15 Jahre mit Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, ist bei Nicht-Rentnern – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – immer die gesetzliche Rentenversicherung für eine Reha-Leistung zuständig.
Bei der 15-jährigen Mindestversicherungszeit werden alle Beitragszeiten berücksichtigt. Es handelt sich dabei um die gleichen Zeiten, die auch bei der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren mitzählen.
2. Wenn in den letzten zwei Jahren mindestens 6 Monate Pflichtbeiträge gezahlt wurden
Doch auch Personen, die noch keine 15 Jahre mit Versicherungszeiten aufweisen, können Reha-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten.
Nämlich dann, wenn sie in den letzten 24 Monaten vor der Antragsstellung mindestens 6 Monate lang Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben. Pflichtbeiträge sind die Beiträge, die Arbeitnehmer und einige Selbstständige zwingend an die Rentenversicherung abführen müssen. Freiwillige Beiträge werden bei den 6 Monaten hingegen nicht berücksichtigt.
3. Reha-Leistungen im Anschluss an eine Ausbildung
Und sogar bei der Voraussetzung „6 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in den letzten zwei Jahren“ gibt es noch eine Ausnahme:
Wer eine Schul- beziehungswiese Berufsausbildung oder ein Studium absolviert hat – auch ohne Abschluss – und innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung der Ausbildung oder des Studiums eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnimmt, kann ab dem ersten Tag der Tätigkeit Reha-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten.
Der Erhalt von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation über diesen Weg ist solange möglich, wie die versicherungspflichtige Tätigkeit nicht unterbrochen wird.
4. Bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit – wenn Erwerbsminderung droht oder besteht
Und fällt man unter keine der drei oben genannten Gruppen, gibt es noch eine vierte Möglichkeit, um Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten zu können. Hierzu müssen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
Erstens muss man die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllen, bei der alle Beitragszeiten berücksichtigt werden.
Und zweitens muss man gesundheitlich so stark beeinträchtigt sein, dass sie ohne eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation bereits jetzt oder zukünftig nicht mehr in der Lage sein werden, sechs Stunden am Tag erwerbstätig zu sein.
Keine Reha-Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, obwohl die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind?
Ist zumindest eine der obigen Voraussetzungen erfüllt, ist in den meisten Fällen klar:
Der Reha-Antrag muss bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden.
In einige Ausnahmefällen ist die Rentenversicherung jedoch nicht zuständig, obwohl die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind:
Leistungen der Unfallversicherung sind vorrangig
Ist die gesundheitliche Einschränkung wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten, ist immer die Unfallversicherung für die Reha-Leistung zuständig – auch dann, wenn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentenversicherung erfüllt sind.
Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz sind vorrangig
Gleiches gilt auch für Personen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind und Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz erhalten. Müssen sie aufgrund der Folgen der Gewalttat an einer Reha-Leistung teilnehmen, ist nicht die Rentenversicherung, sondern das Versorgungsamt zuständig.
Keine Reha-Leistungen an Beamte
Bei Beamten und Ruhestandsbeamten zahlt deren Dienstherr sowie ihre Krankenkasse für die Teilnahme an einer Reha-Leistung. Dies gilt auch dann, wenn theoretisch auch die Voraussetzungen für Reha-Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt wären.
Keine Reha-Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Rentner
Personen, die bereits eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, können im Regelfall keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mehr von der Rentenversicherung erhalten.
Ausnahme 1:
Wenn die Altersrente in Höhe von weniger als 2/3 der Vollrente gezahlt wird, können bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen weiterhin Reha-Leistungen bei der Rentenversicherung beantragt werden.
Ausnahme 2:
Auch bei Rentnern ist die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin für onkologische Nachsorgeleistungen zuständig.
Wer als Rentner also aufgrund eines Krebsleidens an einer Reha-Leistung teilnehmen muss, sollte den entsprechenden Antrag daher bei seinem Rentenversicherungsträger stellen. Für Reha-Leistungen nach einem Krebsleiden kann übrigens der normale Reha-Antrag G0100 verwendet werden. Unter Punkt 1 ist das Kreuz lediglich bei Leistungen zur onkologischen Rehabilitation zu setzen.
Ihr wisst noch immer nicht, wer für die Bearbeitung eures Reha-Antrags zuständig ist? Schreibt gerne einen Kommentar!
Hallo,
wer ist bei Selbstständigen der Kostenträger, die über 67 Jahre alt sind, noch keine Rente beantragt haben und die 5 Jahre Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt haben und die Erwerbsfähigkeit ohne Reha gefährdet ist?