Wie Unfallrenten auf die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden, habe ich in meinem Beitrag: “Anrechnung Unfallrente auf Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erklärt!” bereits recht genau erläutert. Doch natürlich gibt es Besonderheiten, auf die ich in dem Beitrag nicht genauer eingegangen bin: Eine solche Besonderheit soll Thema dieses Beitrags sein – nämlich die Frage: Wie erfolgt die Anrechnung, wenn die Unfallversicherung nicht nur eine, sondern zwei oder mehr Unfallrenten zahlt?
Überblick Anrechnung Unfallrente auf gesetzliche Rente
Zunächst jedoch ein Kurzüberblick dazu, wie die Anrechnung der Unfallrente auf die gesetzliche Rente ganz allgemein erfolgt: Zu einer Kürzung der gesetzlichen Rente kommt es dann, wenn Unfallrente und gesetzliche Rente zusammengerechnet höher sind als der sogenannte Grenzbetrag.
Der monatliche Grenzbetrag berechnet sich, indem der Jahresarbeitsentgelt, der der Unfallrente aktuell zugrunde liegt, mit 70 Prozent multipliziert wird und im Anschluss durch zwölf Monate geteilt wird.
Bei der Zusammenrechnung der Rentenzahlungen ist dann noch zu beachten, dass die Unfallrente nicht in voller Höhe zu berücksichtigen ist, sondern vom Zahlbetrag zunächst noch der Freibetrag nach § 93 Absatz 2a SGB VI abzuziehen ist. Die Höhe des Freibetrags ist dabei von der Minderung der Erwerbsfähigkeit abhängig, die der Unfallrente zugrunde liegt. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 Prozent, läge der Freibetrag aktuell (1.7.2022 – 30.6.2023) beispielsweise bei 162,81 Euro.
Sofern die Summe der Rentenzahlungen den Grenzbetrag überschreitet, verringert sich die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung um den übersteigenden Betrag.
Soweit zur allgemeinen Anrechnungsregelung.
Besonderheiten bei mehreren Unfallrenten
Schauen wir uns nun an, welche Besonderheiten zu beachten sind, wenn jemand mehr als eine Unfallrente erhält: Die Anrechnung erfolgt in diesem Fall im Großen und Ganzen wie oben erläutert. Es gilt lediglich zwei Besonderheiten zu beachten:
- Bei mehreren Unfallrenten liegen diesen unterschiedliche Jahresarbeitsverdienstes zugrunde. Für die Berechnung des Grenzbetrags ist in diesem Fall immer der höhere Jahresarbeitsverdienst maßgeblich.
- Bei der Prüfung, ob der Grenzbetrag überschritten wird, sind alle Unfallrenten sowie die gesetzliche Rente zusammenzurechnen. Der Freibetrag nach § 93 Absatz 2a SGB VI wird zuvor bei jeder Unfallrente einzeln abgezogen entsprechend der Minderung der Erwerbsfähigkeit, die der Unfallrente zugrunde liegt.
Weitere Besonderheiten gibt es beim Bezug mehrerer Unfallrenten nicht.
Beispiel
Um die Anrechnungsregelung bei mehreren Unfallrenten noch etwas verständlicher zu machen, hier noch ein Beispiel:
Eckdaten:
Franz erhält zwei Unfallrenten:
Unfallrente 1: Monatlich 400 Euro – Eckdaten: zugrundeliegender Jahresarbeitsverdienst: 36.000 Euro; Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 %.
Unfallrente 2: Monatlich 900 Euro – Eckdaten: zugrundeliegender Jahresarbeitsverdienst: 54.000 Euro; Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 %.
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung: 2.400 Euro
Schritt 1 – Berechnung des Grenzbetrags:
Beim Bezug von mehreren Unfallrenten wird der Grenzbetrag anhand des höheren Jahresarbeitsverdienstes berechnet. Im Fall von Franz ergibt sich damit ein monatlicher Grenzbetrag von 3.150 Euro (54.000 Euro / 12 Monate x 70 %).
Schritt 2 – Summe der zusammentreffenden Renten bestimmen
Vor der Zusammenrechnung der einzelnen Renten sind die Unfallrenten zunächst noch um den Freibetrag nach § 93 Absatz 2a SGB VI zu reduzieren.
Unfallrente 1: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % ergibt sich ein Freibetrag von 108,42 Euro. Bei der Zusammenrechnung ist als ein Betrag von 291,58 Euro (400 Euro – 108,42 Euro) zu berücksichtigen.
Unfallrente 2: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ergibt sich ein Freibetrag von 162,81 Euro. Bei der Zusammenrechnung ist als ein Betrag von 737,19 Euro (900 Euro – 162,81 Euro) zu berücksichtigen.
Unfallrenten und gesetzliche Rente zusammengerechnet ergibt somit einen Betrag von 3.428,77 Euro.
Schritt 3 – Kürzung der gesetzlichen Rente
Ergebnis der Rechnung ist, dass der Grenzbetrag von 3.150 Euro um 278,77 Euro überschritten wird. Die gesetzliche Rente von eigentlich 2.400 Euro wäre also um diesen Betrag zu reduzieren. Tatsächlich auszuzahlen wäre dann lediglich noch eine Brutto-Rente von 2.121,23 Euro.
Schritt 4 – Konsequenzen ziehen
Diese Rentenkürzung ist jedoch nicht zwingend. Wer eine oder mehrere Unfallrenten bezieht, sollte sich am besten frühzeitig damit auseinandersetzen, ob und wenn ja, in welcher Höhe, es zu einer Anrechnung der Unfallrente auf seine gesetzliche Rente kommt.
Ist eine Anrechnung absehbar, kann es unter Umständen sinnvoll sein, die Höhe der gesetzlichen Rente zum Beispiel durch einen vorzeitigen Renteneintritt zu verringern.
Würde Frank beispielsweise vorzeitig mit Abschlägen in Rente gehen und aufgrunddessen nicht 2.400 Euro als Rente erhalten, sondern zum Beispiel nur 2.100 Euro, läge die Summe der Renten unterhalb des Grenzbetrags (2.100 Euro + 291,58 Euro + 737,19 Euro = 3.128,77 Euro), sodass es zu keiner Kürzung der gesetzlichen Rente käme. De facto ginge für ihn mit dem vorzeitigen Rentenbeginn somit kein Rentenverlust einher.
Und da es seit 2023 bei vorzeitigen Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenze mehr gibt, könnte er sogar neben der Rente noch voll weiterarbeiten, sofern er seinen Job noch nicht an den Nagel hängen möchte.
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Gibt es weitere Fragen zur Anrechnung von Unfallrenten auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung? Schreibt diese gerne in den Kommentarbereich!
Hallo,
ich beziehe zwei Unfallrenten je ca.500€. Meine Rente beim Renteneintritsalter würde bei ca. 1600€ liegen.
1.Wieviel Rente würde ich bekommen?
2.Was passiert wenn irgendwann eine der Unfallrenten wegfällt wird dann die Rente neu berechnet?
Mfg