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Das Rentenpaket im Überblick – Teil 2 – Kindererziehungszeit

Dieser Beitrag ist der zweite Teil der Reihe “Das Rentenpaket im Überblick”.

Achtung: Beitrag veraltet

Hier geht’s zum aktualisierten Beitrag bezüglich der Ausweitung der Kindererziehungszeit.

Erläuterung: Der nachfolgende Beitrag bezieht sich auf das Rentenpaket, das von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil am 13. Juli 2018 vorgestellt wurde. Ungefähr 6 Wochen später – am 28. August 2018 – hat die Bundesregierung über das Rentenpaket verhandelt und sich für eine andere Regelung zur Ausweitung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder entschieden, als im Entwurf aus Juli enthalten war. Anstatt die Kindererziehungszeit nur bei Eltern auszuweiten, die drei oder mehr Kinder erzogenen haben, hat man sich nun darauf geeinigt, alle Eltern von vor 1992 geborenen Kindern gleich zu behandeln und bei allen Eltern die Kindererziehungszeit um 6 Monate auszuweiten.

 

Arbeitsminister Hubertus Heil hat am 13. Juli 2018 seinen Entwurf über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgestellt. Die verschiedenen Inhalte des Gesetzesentwurf erläutere ich euch in mehreren Beiträgen der Reihe “Das Rentenpaket im Überblick”. Im ersten Beitrag zum Rentenpaket habe ich berichtet, welche Verbesserungen im Bereich der Erwerbsminderungsrente vorgesehen sind, wer von diesen profitiert und an wem sie völlig vorbeigehen.

Im zweiten Teil soll es um die Ausweitung der Kindererziehungszeit für Kinder gehen, die vor dem Jahr 1992 geboren wurden.

Beachtet bitte bei allen weiteren Ausführungen, dass es sich bisher nur um einen Gesetzesentwurf handelt. „Entwurf“ heißt, dass der Bundestag den vorgeschlagenen Änderungen noch zustimmen muss. Bis dahin können sich also noch die ein oder andere Änderung ergeben.

Bisheriger Stand

Auch nach derzeitiger Rechtslage wirkt sich die Erziehung von Kindern bereits positiv auf die Rentenhöhe aus. Die Erhöhung der Rente ergibt sich daraus, dass im Rentenversicherungsverlauf eines Elternteils für die Erziehungsleistung Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeit vermerkt werden.

Interessiert ihr euch genauer dafür, welcher Elternteil die oben genannten Zeiten erhält und wie sich Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeit konkret auf die Rentenhöhe auswirken, findet ihr im Beitrag “Was bringt Kindererziehung für die Rente” Antworten auf eure Fragen.

Im Weiteren geht es nämlich allein um die Unterschiede im Bereich der Kindererziehungszeit: Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, erhält der erziehende Elternteil eine Kindererziehungszeit von 2 Jahren. Ist das Kind im Jahr 1992 oder später geboren, dauert die Kindererziehungszeit hingegen 3 Jahre.

Ein Jahr Kindererziehungszeit erhöht die Brutto-Rente in Westdeutschland um ca. 32 € (Stand: 01.07.2018). Wer seine Kinder vor dem Jahr 1992 bekommen hat, ist somit finanziell offensichtlich schlechter gestellt als Personen, die ihre Kinder später bekommen haben. Um wie viel schlechter gestellt hängt von der Anzahl der vor 1992 geborenen Kinder ab:

Bei einem vor 1992 geborenen Kind: 32 € weniger Brutto-Rente als jemand mit einem nach 1992 geborenen Kind.

Bei zwei vor 1992 geborenen Kindern: 64 € weniger Brutto-Rente als jemand mit zwei nach 1992 geborenen Kindern.

Bei drei vor 1992 geborenen Kindern: 96 € weniger Brutto-Rente als jemand mit drei nach 1992 geborenen Kindern.

Auf Drängen der CSU in den Koalitionsverhandlungen hat man sich dazu entschlossen, dass man diesen Unterschied zumindest zum Teil auflösen möchte. Das Ergebnis dieser Entscheidung findet man nun im “Rentenpaket für Deutschland”.

Wie soll die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder ausgeweitet werden?

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Kindererziehungszeit auch für vor 1992 geborene Kinder von 2 auf 3 Jahre angehoben wird. Es soll also eine Gleichstellung mit den Elternteilen erfolgen, die ihr Kind 1992 oder später bekommen haben.

Aber:

Von der Ausweitung der Kindererziehungszeit sollen nicht alle Elternteile profitieren, sondern nur diejenigen, die mindestens drei Kinder erzogen haben.

Für alle Eltern, die ein Kind vor 1992 bekommen haben, aber insgesamt nur ein oder zwei Kinder erzogen haben, soll es nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf keine zusätzliche Kindererziehungszeiten geben. Sie gehen also leer aus.

Welche Kinder werden mitgezählt?

Nachdem klar ist, dass Voraussetzung zum Erhalt des dritten Jahres der Kindererziehungszeit sein soll, mindestens 3 Kinder erzogen zu haben, stellt sich als nächstes die Frage:

Welche Kinder zählen denn mit?

Zunächst ist festzustellen, dass nicht alle drei Kinder vor 1992 geboren sein müssen. Bei der Mindestkinderanzahl werden auch nach 1992 geborene Kinder mitgezählt.

Ist beispielsweise ein Kind vor 1992 geboren und zwei Kinder ab 1992 ist die Voraussetzung für die Ausweitung der Kindererziehungszeit erfüllt. Das Elternteil erhält also für das vor 1992 geborene Kind ein zusätzliches Jahr Kindererziehungszeit, was die Brutto-Rente um ca. 32 € steigert.

Weiterhin ist es nicht erforderlich, dass die Kindererziehungszeit für alle drei Kinder beim gleichen Elternteil angerechnet wurden. Bei der Prüfung der Mindestkinderanzahl werden Kinder auch dann mitgezählt, wenn die Kindererziehungszeit beim anderen Elternteil anerkannt wurde und das Kind während der ersten drei Lebensjahre zumindest zum Teil gemeinsam durch beide Elternteile erzogen wurde. Hat hingegen ein Elternteil das Kind in den ersten drei Lebensjahren alleine erzogen, wird bei der Prüfung der Mindestkinderanzahl das Kind beim anderen Elternteil nicht mitgezählt.

Ihr seht also: Die Ermittlung der Mindestkinderanzahl ist durchaus kompliziert. Und es geht noch weiter:

Wurde die Anerkennung von Kindererziehungszeiten abgelehnt, weil das Kind im Ausland erzogen wurde oder der erziehende Elternteil während der Erziehungszeit verbeamtet war, soll das Kind dennoch bei der Prüfung der Mindestkinderanzahl berücksichtigt werden.

Beispiel:

Frau Müller hat ihr erstes Kind Thomas im Jahr 1970 in Deutschland geboren. Ab dem Jahr 1975 ist sie nach Thailand ausgewandert und hat dort weitere zwei Kinder bekommen. Bisher wurden bei ihr lediglich zwei Jahre Kindererziehungszeit für Thomas anerkannt. Ihre anderen beiden Kinder hat sie zwar erzogen, jedoch erfolgte die Erziehung nicht in Deutschland, weshalb ihr für die anderen beiden Kinder auch keine Kindererziehungszeiten gutgeschrieben wurden. Tritt die Neuregelung wie geplant in Kraft, würde Frau Müller trotzdem für Thomas das dritte Jahr der Kindererziehung erhalten, da sie insgesamt drei Kinder erzogen hat.

Profitieren auch Rentner von der Ausweitung der Kindererziehungszeit?

Auch Personen, die bereits eine Rente erhalten, können von der Ausweitung der Kindererziehungszeit profitieren.

Bei Rentnern wird genauso wie bei Nicht-Rentnern geprüft, ob sie mindestens drei Kinder erzogen haben. Ist dieses der Fall, erhalten Rentner zwar rein rechtlich nicht ein drittes Jahr Kindererziehungszeit, jedoch wird ihnen pro Kind ein Bonus in Höhe eines Entgeltpunkts gutgeschrieben. Da ein Entgeltpunkt im Westen derzeit einen Wert von 32 € hat, sind Rentenbezieher damit genauso gestellt wie Nicht-Rentner.

Rentner haben sogar den Vorteil, dass sie den vollen Entgeltpunkt unabhängig davon erhalten, ob sie ihre Rente mit Abschlag in Anspruch genommen haben oder nicht.

Beispiel:

Geht jemand im Jahr 2019 mit einem Rentenabschlag von 10 % in Rente, werden die 10 % auch von dem Bonus aus den Kindererziehungszeiten abgezogen. Die Brutto-Rentensteigerung von 32 € reduziert sich somit auf knapp 29 €. Lag der Rentenbeginn hingegen im Jahr 2018 oder früher, erhält der Rentner über den Zuschlag die volle Brutto-Rentensteigerung von 32 €, obwohl er zum Beispiel ebenfalls einen Abschlag von 10 % in seiner Rente hatte.

Welcher Elternteil erhält das dritte Jahr der Kindererziehungszeit?

Nachdem nun klar ist, ob jemand das dritte Jahr der Kindererziehungszeit erhalten kann, stellt sich noch die Frage, bei welchem Elternteil das dritte Jahr Kindererziehungszeit anerkannt wird.

Bei allen Personen, die noch keine Rente erhalten, hängt die Zuordnung des dritten Jahres der Kindererziehungszeit davon ab, bei welchem Elternteil die sogenannte Kinderberücksichtigungszeit für das dritte Lebensjahr des Kindes anerkannt wurde. Die Kinderberücksichtigungszeit wird grundsätzlich bei dem Elternteil berücksichtigt, dass das Kind überwiegend erzogen hat (genaueres zur Zuordnung der Kinderberücksichtigungszeit hier).

Infolge dieser Regelung kann es durchaus vorkommen, dass beide Elternteile einen Teil der zusätzlichen Kindererziehungszeit erhalten. Dieses ist dann der Fall, wenn die überwiegende Erziehung im dritten Jahr des Kindes zwischen den Elternteilen gewechselt hat.

Wer bereits vor dem 01. Juli 2014 Rente bezogen hat, hat schon einmal als Rentner eine Ausweitung der Kindererziehungszeit miterlebt. Bis zum 30. Juni 2014 wurde nämlich für vor 1992 geborene Kinder sogar nur ein Jahr Kindererziehungszeit anerkannt. Ab dem 01 Juli 2014 hat man dann die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder auf zwei Jahre ausgeweitet. Berücksichtigt wird die Erhöhung wegen der Kindererziehungszeit bei dieser Gruppe immer bei demjenigen, bei dem bereits zum 01. Juli 2014 die Erhöhung berücksichtigt wurde.

Lag euer erstmaliger Rentenbeginn nach dem 30. Juni 2014 und vor dem 01. Januar 2019 erhält der Elternteil den Zuschlag, welcher zum Ende des zweiten Lebensjahres das Kind erzogen hat. Konkret wird geprüft, welchem Elternteil der 24. Monat der Kindererziehungszeit zugerechnet wurde. Dieser Elternteil erhält unabhängig davon, ob er das Kind auch im dritten Lebensjahr erzogen hat, den Zuschlag für das dritte Jahr der Kindererziehungszeit auf seine Rente.

Ab wann soll die Erhöhung gelten?

Laut Gesetzesentwurf soll die Ausweitung Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder sowohl bei Rentnern als auch bei Nicht-Rentnern ab dem 01. Januar 2019 stattfinden.

Gibt es Alternativen?

Diese Frage muss ganz klar mit “Ja” beantwortet werden. Denn Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil nennt bereits in der Pressekonferenz, in der er das Rentenpaket vorgestellt hat, eine im parlamentarischen Verfahren zu diskutierende Alternative:

Bei allen Eltern, die Kinder vor 1992 erzogen haben, soll unabhängig von der Anzahl der Kinder ein halbes Jahr Kindererziehungszeit anerkannt werden.

Der Unterschied würde also einmal darin liegen, dass es keine Mindestkinderanzahl gäbe, von der die Ausweitung der Kindererziehungszeit abhängig gemacht wird, auf der anderen Seite aber auch nur ein halbes Jahr Kindererziehungszeit für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern zuerkannt wird.

Bei dieser Regelung ergäbe sich eine Brutto-Rentensteigerung für jedes vor 1992 geborene Kind von ca. 16 € monatlich.

Ob es tatsächlich zu einer Abänderung in der parlamentarischen Diskussion kommen wird und wie sie dann ganz genau umgesetzt würde, kann aktuell niemand beurteilen. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die verschiedenen Parteien – insbesondere die CSU – in der politischen Debatte positionieren werden.

Damit beende ich den zweiten Teil meines Blicks auf das Rentenpaket. Im dritten Teil wird es um die geplanten Beitragsentlastungen für Geringverdiener gehen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. K. Erhard

    Für unsere 2003 geborenen Zwillinge haben meine Frau und ich eine gemeinsame Erklärung am 12.Mai 2022 abgegeben, dass die Erziehungszeit 2003 bis 2006 auf den Vater übertragen werden soll. Die Rentenversicherung meiner Frau Bund Berlin hat von den 3 Jahren
    Erziehungszeit 2003 die ersten 4 Monate auf meine Frau geschrieben und die weiteren 32 Monate auf mich, Rentenversichert
    beim Rentenamt Bayreuth. Die Rentenversicherung Bayreuth hat unseren Antrag abgelehnt, weil unser Antrag nicht rechtzeitig
    abgegeben wurde. Im Merkblatt der Deutschen Rentenversicherung heißt es: Erzieht der Vater das Kind überwiegend, so ist
    die rückwirkende Anerkennung der Zeiten problemlos möglich. Warum macht das Rentenamt Bund Berlin mit und
    das Rentenamt Bayreuth legt mir Steine in den Weg. Gegen den Bescheid aus Bayreuth habe ich Widerspruch eingelegt,
    dieser Widerspruch wurde von der Rentenwiderspruchstelle abgelehnt.

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